Presseartikel zu BUNT statt GRAU bis 2016
Tristesse im Ortskern, abgeschottet vom Neckar, schmuddelige Stellen –
Untertürkheim ist ein Problemfall. Ein Masterplan soll´s richten.
Südwestpresse - RAINER LANG | 09.09.2016
Der Vorsitzende des Bürgervereins, Klaus Enslin, bemüht sich um die Aufwertung des Ortskerns.
Daimler hat Untertürkheim Weltruhm verschafft. Doch so richtig zum Stadtbezirk gehört der Stuttgarter Autobauer nicht mehr. Dieser ist längst zum Weltkonzern geworden, der von der Untertürkheimer Zentrale gesteuert wird. Die Ansiedlung von Daimler Anfang des 20. Jahrhunderts markiert den Aufstieg des Weingärtnerorts zu einem der führenden Industriestandorte im Land. Weinbau und Industrie sind bis heute die bestimmenden Faktoren im Stadtbezirk am östlichen Zipfel Stuttgarts.
Damals sind neue Wohngebiete für Arbeiter entstanden, wie der Stadtteil Luginsland. Daimler-Mitarbeiter schätzen bis heute die Nähe zum Arbeitsplatz. Das war auch bei Klaus Enslin so, der 1980 von Biberach nach Untertürkheim kam, um als Ingenieur in der Entwicklungsabteilung des Autobauers zu arbeiten.
Inzwischen ist er im Ruhestand und kann sich als Vorsitzender des Bürgervereins Untertürkheim dem Stadtbezirk widmen. Dieser umfasst acht Stadtteile. Zu den bekanntesten zählen Untertürkheim, Luginsland und Rotenberg. Sie liegen zum Teil im Grünen und haben reizvolle Wohnlagen. Aber da die Weinberg- und Gartenlandschaft in der Umgebung Landschaftsschutzgebiet ist, kann sich der Stadtbezirk nicht weiter ausdehnen.
Dies ist jedoch bei weitem nicht das Hauptproblem. Der namensgebende Stadtteil Untertürkheim, der 1905 mit Stuttgart vereinigt wurde, ist zur Problemzone geworden. Im Ortskern herrscht Tristesse. Tatoo-Studios, Imbissbuden und eine inzwischen wieder geschlossene Shisha-Bar haben die Fachgeschäfte verdrängt. Ladenräume stehen leer. Selbst die Redaktion der Lokalzeitung ist nach Bad Cannstatt umgezogen. Der CAP-Markt mit der einzig verbliebenen Metzgerei fürchtet, durch Aldi, der das Postgebäude gekauft hat, verdrängt zu werden. Gerade so überleben kann Michael Schmückle, der in der Fußgängerzone fair gehandelte Waren verkauft. Der 45-Jährige versucht hier, „etwas Sinnvolles und Nachhaltiges zu machen“.
Restaurants gibt es nur noch wenige. Die „Alte Kelter“, in der Maultaschen-Weltmeister Frieder Wallenmeier kocht, ist die Ausnahme. Der Bürgerverein „Bunt statt Grau“, in dem auch Enslin aktiv ist, hat der Tristesse den Kampf angesagt. Am Eingang zur Fußgängerzone installierte er zum Beispiel eine gelbe Telefonzelle als öffentliches Bücherregal.
Auch Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel spricht von einem „kränkelnden Stadtteil“. Dieser sei durch den Bahndamm zum Neckar nach außen „total abgeschottet“. Der vorgelagerte Karl-Benz-Platz ist kahl und die Bahnunterführung schmuddelig. Um das Tor zum Stadtteil etwas freundlicher zu gestalten, wurde vom Bürgerverein der Treppenaufgang zum Ort farbig angestrichen und auf dem Platz wurden Blumen in bunte Reifen gepflanzt.
Hier leben 7000 der 16 000 Bewohner des Stadtbezirks. Die Hälfte sind ausländische Mitbürger, die alte Häuser im Ortskern kaufen. „Sie sind mit dem Standard zufrieden“, sagt Wenzel. Sie versteht zwar den Unmut der Alteingesessenen, betont aber, dass sie private Verkaufsentscheidungen nicht beeinflussen könne.Die Hoffnungen liegen auf dem Masterplan, der seit einem Jahr unter Beteiligung der Bürger erstellt wird. Eine der Herausforderungen ist für Wenzel, „den historischen Ortskern Untertürkheims ins 21. Jahrhundert zu überführen“. Dazu gehört auch der 1896 erbaute Bahnhof. Ein architektonisches Schmuckstück, das gleich zwei Spielcasinos beherbergt.
Zumindest die ersten Schritte zur Umsetzung der Bürgervorschläge werden getan. Das Neckarufer hinter dem Lindenschulviertel bei der Schleuse wird bis 2018 für 1,4 Millionen Euro zur Freizeitzone umgestaltet. Und für den chronisch überlaufenen Stadtteil Rotenberg, der wegen der Grabkapelle ein beliebtes Ausflugsziel ist, gibt es nach zähen Verhandlungen zwischen Stadt und Bürgern ein neues Verkehrskonzept.
Der Stadtteil Untertürkheim hat durchaus einiges zu bieten: eine optimale Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr mit S-Bahn, Stadtbahn und Bus, mit dem denkmalgeschützten Inselbad ein attraktives Freibad und eine riesige Altarwand von HAP Grieshaber in der evangelischen Stadtkirche. Es gibt einen Kulturverein, renommierte Schulen und mehrere Sportvereine.
Der Stadtbezirk ist Schulzentrum für die oberen Neckarvororte, beliebtes Ausflugsziel und bekannt für den Weinbau. Übrigens gibt es in Untertürkheim die einzige städtische Schnapsbrennerei.
Die Weinmanufaktur Untertürkheim hat sich zur Vorzeigegenossenschaft gemausert, genauso wie das Collegium Wirtemberg in Rotenberg und Uhlbach. Weinberge und Weingüter, zum Teil mit angeschlossenen Besenwirtschaften, prägen große Teile des Bezirks. Gefeiert wird dies beim traditionellen Untertürkheimer Weinfest im September.
Geschichte
Untertürkheim wurde um 1200 erstmals urkundlich erwähnt: Der Ort bekam den alemannischen Namen Duringoheim. Seit jeher wird Weinbau betrieben. Der Ort gehört seit 1905 zu Stuttgart. Die Daimler-Motoren-Gesellschaft produziert hier seit 1904. Strom lieferte das erste kommunale Wasser- und Dampfkraftwerk Württembergs von 1902. Heute arbeiten im Mercedes-Benz-Werk Untertürkheim 19 000 Beschäftigte. Von Arbeitern wurde 1911 die „Gartenstadt Luginsland“ als Baugenossenschaft gegründet. 1845 verkehrte die erste Eisenbahn Württembergs zwischen Cannstatt und Untertürkheim. 1885 fuhr hier das erste motorbetriebene Fahrzeug von Daimler, der Reitwagen. Ein Teil des Stuttgarter Hafens gehört zu Untertürkheim.
Grabkapelle
Die Grabkapelle auf dem Württemberg in Rotenberg wurde 1824 errichtet. An ihr vorbei führt der zwölf Kilometer lange Rundwanderweg II.
BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN
Fraktion
vor Ort
21. April 2016
In Untertürkheim hat ein Trading-Down-Prozess eingesetzt.
Der lässt sich an leer stehenden Geschäften, an etlichen Spielhallen und Casinos sowie an einigen Billigläden ablesen. Wie
diesem Trend entgegen gewirkt werden kann und wo die Potenziale des Stadtbezirks zwischen Weinbergen und Neckar
liegen, darüber haben sich die Grünen Stadträte am 21.04.2016 vor Ort einen Eindruck verschafft.
Im Lindenschulviertel wird in Kürze das erste der Projekte realisiert, die sich wie eine Perlenkette am Fluss entlang durch die Stadt
ziehen werden. Diese alte grüne Vision der Stadt am Fluss kommt an: Im ersten Workshop haben rund 100 Bürgerinnen und Bürger
gesprüht vor Ideen, wie am Neckar Ausruh- und Erlebniszonen geschaffen werden können. Ein Café mit Neckarblick hat auch für die
Fraktion viel Charme. Noch offen bleibt die Frage, wie der Ortskern besser mit dem Neckar verbunden und wie die trennende
Wirkung der Verkehrsachsen gemildert werden kann.
Am Karl-Benz-Platz wurde die Initiative „Bunt statt Grau“ vorgestellt, deren Engagement für den Bezirk beeindruckt. Weil hier viele
Menschen mit ganz wenig Geld leben, hat sie den Platz freundlich und einladend gestaltet und mit kleinen Maßnahmen viel
Aufenthaltsqualität geschaffen.
Ein Aufreger war die Nachricht, dass Aldi das alte Postgebäude gekauft hat. Der gut angenommene CAP-Markt wäre durch einen
Aldi-Markt an dieser Stelle vermutlich gefährdet. Noch ist aber keine Entscheidung gefallen und die Stadt hat noch ein Wörtchen
mitzureden. Schwer vorstellbar ist es aber schon heute, wie der nette Leonhard-Schmidt-Platz noch mehr Verkehr verkraften soll.
Im Ortskern wurde ein Living-Down-Effekt angesprochen, der sich auch in den Klagen Alteingesessener über den „schmutzigen und
ungepflegten“ Ortskern ausdrückt: Frühere Stadtentwicklungsmaßnahmen haben nicht gegriffen, zudem wird zu wenig in den
Wohnungsbestand investiert. Zu prüfen ist, ob das alte Baustaffelrecht einer positiven Entwicklung entgegen steht und wie der
schöne historische Gebäudebestand seine Pracht richtig entfalten kann.
Keine Frage: Der Masterplan muss einiges leisten, Gelder müssen dafür bereit gestellt werden. Wünschenswert wäre, dass der seit
mehr als 100 Jahren partnerschaftlich mit Untertürkheim verbundene Daimler dessen Entwicklung weiter begleiten wird.
Sachkundig geführt durch die Grünen Bezirksbeiräte wurden folgende Stationen aufgesucht und die entsprechenden Problemfelder
erörtert:
Carl-Benz-Platz
Schnittstelle und Eingangstor zu Untertürkheim ohne Aufenthaltsqualität.
Reifengarten
Ein Projekt der Initiative Bunt statt Grau, das von Grünen mit initiiert wurde.
Wilhelm-Wunder-Steg
Trennwirkung der S-Bahn-Gleise und der Verkehrsachsen.
Lindenschulviertel
Erste Maßnahme im Rahmen der „Stadt am Fluß“ wird demnächst begonnen. Bürgerbeteiligung läuft. Ziel: Aufenthaltsqualität am
Neckar schaffen.
Bahnhof Untertürkheim
Bahnhof im Stil der nouvelle epoque, erster Bahnhof in Württemberg. Die Verbindungen aus dem Ort zum Nahverkehr und zu den
Schulen führen hier durch, am Casino Carlo und Casino Cash vorbei. „Überall sonst würde anders mit einem solchen Juwel
umgegangen.“
Silvrettastraße Areal Abstellbahnhof
Lärmproblematik, Vision Überdeckelung von Lutz-Architekten.
Lärm der B14 hoffentlich demnächst reduziert, Tempolimit kommt, nachdem BM Wölfle beim Regierungspräsidium lange insistiert
hatte.
Ortskern
Living-down-Problem, Cap-Markt
Altes Postgebäude
Zukünftige Nutzung? Die Stadt ist tangiert wegen den Parkplätzen, die erforderlich wären, um hier einen Aldi-Markt zu etablieren.
Nette städtebauliche Situation, aber schon heute viel Verkehr.
Widdersteinstraße
Leerstand. Bücherzelle – weiteres Projekt der Ini Bunt statt Grau. Wird sehr gut angenommen von den Bürgern.
Kelterplatz
Frühere Umgestaltung mit dem Ziel, Platzcharakter zu schaffen, ist gescheitert.
Reger Verkehr an der Büchertankstelle
Das vor einem Jahr gestartete Projekt in der Widdersteinstraße ist ein Selbstläufer geworden.
Untertürkheim - Einen ersten Geburtstag zu feiern, das ist immer etwas Besonders.
Zumal dann, wenn sich dieser Geburtstag entgegen mancherlei Erwartung ergibt, wie bei der Bücherzelle am Eingang der
Widdersteinstraße. Die Fußgängerzone ist ja nicht die Flaniermeile der Stadt, sondern eher deren Gegenteil: eine ausgewiesene
Problemzone, der mit einem Masterplan perspektivisch aufgeholfen werden soll.
Entsprechend stark war die Skepsis, als die Aktion „BUNT statt GRAU“ ,zusammen mit dem Bürgerverein und dem Kulturhausverein
das Vorhaben vorgestellt hatte, eine alte Telefonzelle just an dieser Stelle zu platzieren und mit Büchern zu befüllen: als frei
zugängliche Lektüre-Station. Vandalismus war befürchtet worden, eine Ecke als Magnet für Unsinn und Unrat.
Doch siehe da: Wasquer durch die Republik funktioniert, das funktioniert auch in der Fußgängerzone Untertürkheim.
„Die Bücherzelle ist ein Selbstläufer geworden“, erklärte Klaus Enslin, der Vorsitzende des Bürgervereins, anlässlich einer kleinen
Feier zum ersten Geburtstag der Büchertankstelle, als er vor Ort mit Akteuren wie Andrea Nicht-Roth und Marlene Blumenstock mit
einem Gläschen Sekt auf die Erfolgsgeschichte anstieß. Enslin resümierte: „Die Bücherzelle als frei zugängliches Gemeinschaftsmöbel
für alle Bürger funktioniert hervorragend. Sie wird gut besucht, zu allen Tages- und Nachtzeiten. Und ganz nebenbei ist die
Bücherzelle ein Blickfang am oberen Ende der Fußgängerzone.“
Bestückt ist sie mit rund 100 Büchern, von Bürgern zur Verfügung gestellt. Benutzerregeln gibt es nur wenige. Wer Lust hat, kann sich
hier Bücher ausleihen und zurückbringen. Oder auch behalten und möglichst gegen andere Bücher tauschen.
Besonders beliebt sind aktuelle Romane und Krimis, aber auch Sach- und Reisebücher sind zu haben. „Kinderbücher könnten es
mehr sein“, findet Enslin, der mit einigen anderen die Zelle pflegt. Und das geht ganz
nebenbei. Sortieren, Ordnung schaffen, ergänzen: „Mehr ist nicht nötig. Das ist wirklich erfreulich.“
UZ 19.12.2015 - UNTERTüRKHEIM:
Erstes Geburtstagsfest an der Bücherzelle in der Widdersteinstraße(mk) -Die Fußgänger in der Widdersteinstraße waren verdutzt: Einegroße, rote Schleife ziert die Bücherzelle am oberen Ende derFußgängerzone. Heute vor einem Jahr wurde die Anlaufstellefür Lesehungrige eingeweiht. Seitdem floriert der Büchertauschund die Zelle blieb - entgegen mancher Befürchtungen - auchunverwüstet. Grund, den ersten Geburtstag zu feiern.
Nur noch selten verirren sich Fußgänger in die gelbe Zelle, weil sie
dort nach einem Telefon suchen. Seit einem Jahr ist das ehemalige
Telefonhäuschen beliebte Anlaufstelle für Bücherwürmer. Sie
können dort ihren Lesehunger stillen. Bis zu hundert Bücher sind auf
engstem Raum fein säuberlich aufgereiht - Krimis, Comics, Sach- und
Kinderbücher, Romane jeder Art, Fantasie sowie Literaturklassiker.
„Das Sortiment ist gut gemischt und wechselt sich auch schnell“,
sagen Andrea Nicht-Roth und Marlene Blumenstock, die sich um den
Bestand kümmern.
Die Bücherzelle geht auf ein gemeinsames Projekt der Aktion „Bunt
statt grau“ mit dem Bürgerverein und dem Kulturhausverein zurück.
„Wir wollten den Untertürkheimern ein bisschen Farbe in die
Widdersteinstraße bringen“, sagt Blumenstock.
Bürgervereinvorsitzender Klaus Enslin ersteigerte die Telefonzelle. In
etlichen Gesprächen mit der Stadtverwaltung erhielten die
engagierten Bürgerinnen und Bürger die Erlaubnis, die Zelle in
Eigenleistung am heutigen Standort aufzustellen.
„Er hat sich bewährt“, meint Andrea Nicht-Roth. Immer wieder stehe
ein Passant in der Zelle und suche nach einem passenden Buch.
Denn bei manchen Titeln muss man schnell sein. „Ich
habe am Sonntagmittag ein paar Bände von Herr der Ringe
eingestellt. Als ich am Montagmorgen vorbeikam, stand
keiner mehr im Regal“, erzählt eine Buchspenderin. Die Zelle hat sich
zu einem Treffpunkt von Bücherfreunden entpuppt.
„Im Sommer saßen die Besucher der nahen Begegnungsstätte unter dem Baum um die Zelle und ließen sich etwas aus
den Büchern vorlesen“, sagt Blumenstock. Das Erfreulichste: Entgegen mancher Unkenrufe ist der gelbe Bücherschrank
bislang weder verwüstet noch verschmutzt worden. „An heiklen Tagen wie Silvester, Halloween oder rund um den 1. Mai
riegeln wir ihn vorsichtshalber mit einer Kette hermetisch ab, aber sonst ist er 24 Stunden geöffnet“, sagt Peter Vetter
vom Bürgerverein. Für die stellvertretende Bezirksvorsteherin Yvonne Hummel war dies ein Grund, zum Erfolg zu
gratulieren. Immerhin haben sich bereits vier Kommunen aus ganz Deutschland gemeldet, die die Idee bei sich umsetzen
wollen. „Auf viele weitere Jahre“, wünschte sie den Organisatoren. - Foto: Enslin
Untertürkheimer Zeitung, 19.10.2015
UNTERTüRKHEIM:
Verschönerungsverein zeichnet nicht nur schöne Balkone und Gärten aus -
Auch Projekt auf dem Karl-Benz-Platz prämiert
(erg) - Die Stadt geht neue Wege: Anstatt der früheren Preise beim Blumenschmuckwettbewerb werden nun Beiträge zur
Stadtverschönerung prämiert. Und das auch nicht mehr von der Verwaltung, sondern vom Verschönerungsverein. Ebenfalls
neu: Nicht mehr nur Blumen in Gärten und Balkonkästen spielen eine herausragende Rolle, immer mehr an Bedeutung
gewinnt auch die Gestaltung von öffentlichen Räumen.
Foto:Enslin
Damit kehrt man sozusagen zu den Wurzeln zurück. Denn „der Blumenschmuckwettbewerb wurde 1905 vom
Verschönerungsverein eingeführt“, erklärt der Vorsitzende Erhard Bruckmann. Im Laufe der Jahre seine dann neue Projekte
hinzugekommen, wie zum Beispiel die Patenschaften für Bäume. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten übernahmen die
Vereinsmitglieder somit wieder die Aufgabe, die Projekte zu besichtigen und als Jury, die Gewinner auszusuchen anstatt wie
bislang die Mitarbeiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes. Dennoch wurde eng zusammengearbeitet, und das städtische
Amt hat den Wettbewerb finanziell unterstützt. In den Monaten Juli und August wurden die Arbeiten von in Augenschein
genommen.
Neben dem immer noch wichtigen Bereich der schön gestalteten Gärten und Balkone gewinnt aber auch das bepflanzen von
öffentlichen Flächen - das Urban Gardening - eine immer größere Bedeutung. „Der Wettbewerb ist wichtig für die Stadt. Das
Gärtnern auf öffentlichen Flächen macht sie reicher“, betonte denn auch Oberbürgermeister Fritz Kuhn anlässlich der
Preisverleihung im Stuttgarter Rathaus. Und das nicht nur als Blickfang, sondern „auch hinsichtlich der Feinstaubbelastung in der
City“, erklärte der Grünen-Politiker. Insgesamt knapp 250 Hobbygärtner waren der Einladung gefolgt. Schließlich wurden
immerhin 120 erste und 83 zweite Preise verliehen. Ebenfalls wurden 24 lobende Anerkennungen verteilt. Die von OB Kuhn
überreichten Preise sind mit Gelder in Höhe von 150 bis 400 Euro dotiert.
Im Hinblick auf das neue Konzept des Urban Gardening - das gärtnern in der Stadt - sei man bei der Wahl der Gewinner ganz
individuell nach den Besonderheiten der Ideen gegangen, betonte Bruckmann. „Wir freuen uns bereits auf nächstes Jahr“.
Anklang fanden dabei vor allem auch die bunt bemalten Autoreifen der Bürgerinitiative „Bunt statt Grau“ auf dem
Karl-Benz-Platz in Untertürkheim. Sie sind nicht nur ein echter Hingucker, sondern gefüllt mit Erde bieten sie auch den
Lebensraum für verschiede Blumen und Gewächse, die darin eingepflanzt wurden.
In diesem Jahr hat erstmals der Verschönerungsverein Stuttgart (VSV) den Wettbewerb organisiert. Unterstützt wurde er dabei vom
Garten-, Friedhofs- und Forstamt (GFF) sowie vom Gärtnereiverband, den Obst- und Gartenbauvereinen und den Gartenfreunden.
Oberbürgermeister Fritz Kuhn lobte das große Engagement des VSV unter der Regie seines Vorsitzenden Eberhard Bruckmann: "Ihr
Einsatz macht die Stadt bunter und wertvoller".
Besonders hob Kuhn die neue Kategorie des "Urban Gardening" hervor, die Einwohnern ohne Balkon oder Garten eine Teilnahme
ermögliche. Auch das gemeinschaftliche Gärtnern mit den Flüchtlingen sei ein "wichtiger Beitrag für die Integration in die
Stadtgesellschaft".
In den Kategorien Blumenschmuck und Patenschaften wurden 250 Beiträge angemeldet. Davon erhielten 23 Sonderpreise, die vom
Leiter des GFF, Volker Schirner überreicht wurden, sowie 120 erste Preise, 83 zweite Preise und 24 Lobende Anerkennungen.
Seit 1. Mai sind sie nun an Ort und Stelle, die bunten Reifenbeete auf dem Karl-Benz-Platz. Auf Initiative der Bürgerinitiative „Bunt
statt Grau“ und deren drei Initiatorinnen Sabine Reichert, Andrea Nicht-Roth und Marlene Blumenstock wurden sie dort auf den
umlaufenden Terrassen angelegt. Sie sollen helfen, das zentrale, bisher eher triste Eingangstor nach Untertürkheim ein Stück
freundlicher, lebenswerter und einladender zu gestalten. Nun, nachdem es dort seit einem knappen halben Jahr blüht, wächst und
gedeiht, wurde der urbane Garten trotz regnerischem Wetter am 18. September im Beisein der Landtagsvizepräsidentin Brigitte
Lösch, des Stuttgarter Bürgermeisters Werner Wölfle und der Untertürkheimer Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel offiziell
eingeweiht.
Ehrenamtliche verschönern Karl-Benz-Platz mit Pflanzrabatten in bunten Autoreifen
Die Idee von städtischem Gärtnern - neudeutsch „urban gardening“ - hatten
die Aktiven der Initiative „Bunt statt Grau“ schon lange. Die Vorarbeiten
waren langwierig und der eigentliche Start war eher grau statt bunt.
Ausgerechnet den verregneten 1. Mai hatten sich die Ehrenamtlichen für
ihre Pflanzaktion ausgesucht. IHGV-Vorsitzender Markus Krautter hatte
ausgediente Lkw-Reifen besorgt. Noch waren sie schwarz. In einer
gemeinsamen Aktion wurden die Reifen mit Signalfarben besprüht. Wie die
von den Jugendlichen der Projektgruppe gestrichenen Bänke und die
umhäkelten Pfosten des Infoturms und der Schilder sollten sie etwas Farbe
in das triste Grau des Platzes bringen. Denn ursprünglich waren die
Terrassen des Karl-Benz-Platzes sicherlich auch als Sitzgelegenheit und
Treffpunkt für Jugendliche und Erwachsene gedacht. Doch selbst der nachträglich aufgestellte Skaterpark sorgte kaum für eine
Belebung.
Mit ihrer Garten-Aktion wollen die Untertürkheimer Aktiven dies ändern. Zwei Dutzend Reifen haben sie auf den Stufen der Terrasse
verteilt, bei Nieselregen mit Erde befüllt und viele auch bereits mit Blumen, Gemüse und anderen Gewächsen bepflanzt. Auch einige
Bürgerinnen und Bürger, die nicht der Initiative angehören, haben sich mittlerweile ein Reifenbeet gesichert und mit ihren
Wunschpflanzen bestückt. Bei den Passanten ernten die Initiatoren durchaus Zuspruch. „Seitdem macht es mehr Spaß, sich hier ein
bisschen hinzusetzen und sich mit Freunden zu treffen“, sagen drei Senioren. Zwei Stadtbahn-Kundinnen verkürzen ihre Wartezeit
auf den nächsten Bus nach Fellbach mit einer Zigarettenpause im Grünen statt direkt an der Haltestelle zu warten. „Es ist schöner
hier“, sagen sie.
Die Initiative hat damit den Wunsch vieler Passanten
umgesetzt. Peter Luz und der Bürgerverein haben Ende März
Fragekarten auf dem Karl-Benz-Platz, in den Schulen und
Fachgeschäften verteilt. Von knapp 2492 ausgegebenen Karten
kamen beachtliche 976 zurück. Auf knapp 60 Prozent von ihnen
wurden Müll und Hundekot beanstandet, 53,7 Prozent der
Befragten bemängelten die Kneipensituation und 34 Prozent
störten sich am Beton. Bei den Wünschen standen Blumen mit
59,3 Prozent an zweiter Stelle. Noch besser - vor allem bei
Schülern - schnitt der Wunsch nach einem Eiswagen oder
Eiscafé ab. Auch mehr Bänke und Wasserspiele, ein Wetzplatz, eine
Boulebahn oder ein Freilandschach, bessere Hinweisschilder auf die Ortsmitte und funktionierende Uhren standen auf der
Wunschliste.
Bücherzelle in der Widdersteinstraße feierlich eingeweiht
(mk) - Ein Hauch von Nostalgie wehte durch den Ortskern, als die Bürgervereinsaktiven Klaus
Enslin und Peter Vetter das rote Tuch lüfteten und eine gelbe Zelle zum Vorschein kam: die
neue Bücherzelle im alten Telefonhäuschen. „Sie ist ein Mosaikstein, um unseren grauen
Ortskern bunter zu gestalten“, erklärte Andrea Nicht-Roth als Sprecherin der
Gemeinschaftsinitiative. ...
Nicht nur wegen ihres frischen Gelbs ist sie ein Farbfleck am oberen Ende der Fußgängerzone: die
Bücherzelle. Sie ist eine weitere Attraktion im Ortskern, im Wohnzimmer Untertürkheims. „Wir haben
vor der Begegnungsstätte eine Sitzbank und eine Straßenlaterne, also ein Sofa mit
Wohnzimmerleuchte, Bäume werfen Schatten und die Balkonpflanzen vom IHGV sorgen für Grün. Ein
Bücherregal fehlte noch“,so Nicht-Roth.
Deswegen kam Anfang des Jahres am Runden Tisch die Idee einer Bücherzelle auf. Bürgerinnen und Bürger sollten die
Möglichkeit erhalten, Bücher einzustellen und andere aus dem öffentlichen Regal mitzunehmen. Statt einen Schrank zu
installieren, schauten sich die Initiatoren nach einer ausrangierten Telefonzelle um. Bürgervereinsvorsitzender Klaus
Enslin wurde fündig, ersteigerte ein Prachtexemplar. Gleichzeitig setzen viele Unterstützer alle Hebel in Gang, damit das
Schmuckstück möglichst bald aufgestellt werden konnte. Vor Kurzem gaben die städtischen Ämter grünes Licht, das
Tiefbauamt errichtete das Fundament und fleißige Helfer des Kulturhausvereins Untertürkheim, des Bürgervereins und
der Initiative „Bunt statt Grau“ stellten die Zelle auf. „Der Innenausbau mit einem schmucken Holzregal wird noch dieses
Jahr erfolgen und das Äußere der Zelle wird auch noch attraktiver gestaltet“, sagt Enslin.
Andrea Nicht-Roth - Joe Bauer - Fotos: Enslin
Gestern wurde nun das neuerliche Zeichen, dass der Untertürkheimer Ortskern bunt und keineswegs grau ist, offiziell
eingeweiht. Natürlich mit Kultur. Als Überraschungsgast stieg die Untertürkheimer Sopranistin Renate Brosch aus der
enthüllten Telefonzelle und bedauerte, dass sie „kein Schwein anruft“, Autor Hans Martin Thill führte ein fiktives
Telefongespräch mit Literaten und Journalist Joe Bauer las Texte über Untertürkheim. Selbstverständlich schauten auch
die ersten Passanten in die Zelle, griffen sich eines der einsortierten Bücher. „Nach der bunten Treppe im Bahnhof, den
umstrickten Rohren auf dem Karl-Benz-Platz, den Blumen an den Laternen ist die Bücherzelle ein weiteres Stück, das den
Ortskern wohnlicher macht“, meinte Nicht-Roth. Sie soll nicht das letzte Schmückstück sein.
Foto: Blumenstock
Grünes Licht für Bücherzelle am oberen Ende der Fußgängerzone -
Bänke am Karl-Benz-Platz erhalten Farbe
Die Woche fing für Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel gut an: Sie konnte die Genehmigung für die Bücherzelle in
der Fußgängerzone in den Händen halten. Aktive Bürgerinnen und Bürger haben sich für die Idee engagiert und
mit Wenzels Unterstützung grünes Licht von den Ämtern erhalten. „Die Bücherzelle wird ein weiterer
Mosaikstein zur Verschönerung des Ortskerns“, sagt Bürgervereinsvorsitzender Klaus Enslin. Die Jugendräte
wollen Farbe auf den Karl-Benz-Platz bringen: Die Bänke werden gestrichen. Zudem starten die Jugendlichen eine
Häkelaktion.
Von Mathias Kuhn
„Bunt statt Grau“, lautet das Motto, dem sich die Teilnehmer am Runden Tisch im Kulturtreff verschrieben haben. „Wir
wollen Ideen entwickeln und umsetzen, damit mehr Farbe in den Ortskern kommt“, meinte Reiner Deiss, der Vorsitzende
des Kulturhausvereins am Freitagabend. Die Besucher des gut besuchten „Runden Tisches“ können auf einige Lichtblicke
verweisen: In der Bahnhofsunterführung verziert seit Sommer ein gespraytes Gemälde die vormals triste Wand und die
Treppe zum historischen Bahnhofsgebäude erstrahlt in Regenbogenfarben.
Mitglieder des Runden Tisches hatten die Sockel bunt gestrichen. Der Industrie-, Handels- und Gewerbeverein hat zudem
50 Lichtmasten im Ort mit Blumenkästen voller Geranien geschmückt und der Karl-Benz-Platz wurde mit Pflanzen
verschönert. Auf diesen „Lorbeeren“ wollen sich die Bürgerinnen und Bürger nicht ausruhen.
Fotos: Blumenstock
Ein Vorort-Termin mit städtischen Ämtern brachte vergangene Woche
den Durchbruch: „Wir dürfen am oberen Ende der Fußgängerzone
eine Bücherzelle aufstellen“, berichtete Enslin am Freitagabend. Am
Montag hatte es die Bezirksvorsteherin Schwarz auf Weiß: Die neue
Attraktion ist genehmigt.
Eine ausrangierte Telefonzelle haben die aktiven Untertürkheimer
bereits ersteigert, geputzt und renoviert. Als Bücherzelle umgebaut,
sollen in ihr Schmöker, die zu schade sind im Altpapier zu landen,
eingestellt werden. Jeder darf sich Exemplare herausgreifen und nach
Hause mitnehmen zum Lesen. Zeitgleich dürfen Bürger, die ein Buch
übrig haben, die Lücken wieder schließen. Als Standort haben die
Ämter den Platz am oberen Ende der Fußgängerzone - unweit der
Begegnungsstätte - frei gegeben. Die bereits
stehenden Bänke laden zum Schmökern ein. „Auf die Wurzeln der Bäume wird geachtet, das Fundament wird vom
Tiefbauamt gebaut. Der Bürgerverein wird die Verantwortung und Kosten für die Haftpflicht übernehmen “, sagt Enslin. Er
hofft, dass die Zelle noch dieses Jahr aufgestellt werden kann.
--- Foto: Enslin ---
Die Projektgruppe des Jugendrats setzt sich für die Verschönerung des Karl-Benz-Platzes ein. „Von der Stadt und der SSB
haben wir die Genehmigung, dass die Jugendlichen die maroden Sitzbänke vor dem Bahnhof streichen dürfen. Wir
müssen zuerst einen Profi finden, der die Bänke sandstrahlt“, so Jugendhausleiterin Silvia Rehm. Eine zweite Aktion soll
noch mehr Farbe auf den Platz bringen. Die Jugendlichen starten eine Strick- und Häkel-Aktion: Möglichst viele Bürger
Bürger sollen quadratische Topflappen ohne Henkel stricken oder häkeln. „Die Farbe ist egal. Je bunter desto besser. Sie
werden gesammelt und zusammengenäht. Damit können wir prima Geländer, die nicht funktionierende Uhr oder
anderes verhüllen“, sagt Rehm. Topflappen können im Bezirksrathaus, im Jugendhaus Café Ratz oder im Mäulentreff
abgegeben werden.
Zusätzlich zu den kurzfristigen Projekten, so ergab die rege Diskussion, wird sich ein Kreis des Runden Tisches auch mit
dem historischen Bahnhofsgebäude beschäftigen. „Wir wollen signalisieren, dass uns das Aussehen des
denkmalgeschützten Baus am Herzen liegt und wir benötigen ein Konzept für den Fall, dass die Stadt die Chance erhält,
das Denkmal zurückzukaufen“, so Deiss.